Eine romanhafte Biografie von
Kelvin Waiden
Der 13 jährige Kelvin ist ein schüchterner Junge. Er hat
nicht nur im Umgang mit Schulkameraden gewisse Probleme. Er zieht sich oft in
sein Zimmer zurück und verkriecht sich in seine Bücher. Er hat eine eigene Art
mit seiner Umwelt umzugehen. Kelvin hat Tourette. Er kämpft mit seinen Tics und
Zwängen. Für seine Eltern ist er nur ein kleiner Spinner.
Kelvin wird 19 Jahre und ist mittlerweile ein stattlicher
junger Mann. Sein Geburtstag wird zu einem Fiasko. Das Mädchen, in das er sich
verliebt hat, ist nicht gekommen und die Mädchen, die ihn wollen, machen es ihm
auch nicht gerade leicht nein zu sagen. Kelvin fühlt sich mehr und mehr in
seinen Gefühlen eingeengt und sein Tourette macht ihm immer mehr zu schaffen.
Es verlangt ihn nach einer festen Beziehung, nur den Weg dorthin können selbst
seine ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten nicht erkennen.Ich kann nicht mehr, hatte sie gesagt. Du wirst immer anstrengender. Kelvins Freundin schmeißt ihn aus der gemeinsamen Wohnung. Das war es. Sein altes Leben scheint ihm fremd geworden zu sein. Er ist nur noch ein Schatten in einer Welt, die ihn anscheinend nicht mehr haben will. So kommt es ihm jedenfalls vor. Und alles nur wegen dem Tourette, seiner Geisel. Er kann sie nicht ablegen. Wie soll es jetzt weitergehen?
Leseausschnitt:
17.30 Uhr, und es ging zurück zu unserem Haus. Ich hatte auch schon etwas Hunger und ich dachte wieder an die Vokabeln. Den Heimweg kannte Asko von alleine. Meist war er schon am Haus, wo ich noch weit zurücklag.
Nach dem Abendbrot wollte ich endlich die Vokabeln
lernen.
Ein Teil blieb meist im Gedächtnis, ein
anderer Teil nicht. Außerdem lief jetzt eine meiner Lieblingssendungen. Nach
dem Abendessen und meiner Fernsehserie UFO ging ich in mein Zimmer. Ich konnte
mich aber nicht mehr richtig konzentrieren. Also zog ich meinen Schlafanzug
wieder an, legte mich ins Bett und las weiter. Es musste gegen 23.00 Uhr
gewesen sein, als mir die Augen zufielen. Ich legte das Buch auf das
Nachtschränkchen und machte das Licht aus.Ich konnte aber immer noch nicht einschlafen. Es war sehr heiß im Zimmer. Also machte ich das Fenster auf. Direkt gegenüber von meinem Zimmer, vielleicht gerade mal 50 Meter Luftlinie, stand eine Scheune. Sie gehörte den Eltern von Gabi. Sie hatten heute mehrere Wagen von Heu in die Scheune eingebracht. Es roch noch stark danach. Ich mochte diesen Geruch. Ganz weit hinter der Scheune erhöhte sich das flache Land. Man konnte gerade noch so eine Bundesstraße erkennen, auf welche sich Fahrzeug an Fahrzeug reihte. Die Lichter der Scheinwerfer sahen aus, wie an einer Kette aufgerollte Diamanten. Ab und an hörte ich das Zirben einer Grille.
Schlafen konnte ich immer noch nicht. „Fffffuuuhmmm“, kam es aus meinem Mund. Und dann verstärkten sich noch meine Zuckungen. Ich versuchte die Wörter zu unterdrücken.
Je mehr ich jedoch unterdrückte, desto schlimmer wurden meine Tics am Körper. Ich streckte immer wieder ruckartig mein linkes Bein nach vorne und dann dazu meinen rechten Arm. Ich hob richtiggehend vom Bett ab. Und jetzt musste ich doch noch die F… Wörter schreien. Ich hörte meine Worte teilweise als Echo von außen wieder zurückkommen.
Da wurde meine Zimmertür aufgerissen und mein Vater schrie laut: „ Jetzt reicht es aber! Hör auf damit. Du wächst ja die ganze Nachbarschaft auf.“ Und schon war die Türe wieder zu und er verschwunden. Ich hatte erschrocken die Luft angehalten, als die Tür aufgegangen war. Nun ließ ich laut die Luft wieder aus meinem Mund strömen. Was blieb mir anderes übrig. Ich schloss das Fenster. Obwohl es wohl im Zimmer mindestens um die 26 Grad warm war und es schnell stickig wurde.
Ich legte mich wieder auf das Bett und brüllte noch ein paar Minuten in mein Kopfkissen. Dann drehte ich mich auf die Seite und versuchte meine Tränen zu ignorieren. Ich muss wohl so gegen Morgen eingeschlafen sein.
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InteressenVerband Tic & Tourette Syndrom e.V.
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